„Language is a virus“ - Laurie Anderson
Der ganz persönliche Blick auf Leben und Arbeiten im Lichte der Maßnahmen zur Eindämmung von Covid 19 hat irgendwie einen soundtrack und es gilt aufzupassen, dass Sprache und Handeln nicht komplett der Sondersituation unterworfen werden.
Auch das „Raumschiff Eltersberg“ muss in solchen Zeiten durch unbekannte Galaxien gesteuert werden. Bisher geht das ganz gut. Recht schnell bei Aufkommen der ersten Maßnahmen war klar, dass unser Weiterbildungsseminar für ca. 200 Gäste mit spannenden Referenten besser nicht stattfinden sollte. Ein halbes Jahr Arbeit und Aufwand in deutlich fünfstelliger Höhe waren vergeblich. Leise Zweifel beim Absagezeitpunkt verflogen bis zum geplanten Ausführungszeitraum, da es dann schon nicht mehr gestattet gewesen wäre.
Mit den diversen Lageanpassungen fühlen sich 2 Wochen derzeit manchmal wie ein halbes Jahr an. Lagebesprechungen im Leitungskreis erfordern schnelles Handeln: Wo bekommen wir Schutzmasken und Klopapier her? Für welche Ersatzrohstoffe haben wir Eignungsprüfungen, wenn uns ein Lieferant ausfällt. Wo benötigen wir mehr Lagerhaltung? Wie bekommen wir Investitionsobjekte zum Laufen, wenn die Anlagenbauer in der Inbetriebnahmephase nicht mehr anreisen wollen? Wie schützen wir unsere Risikofälle mit Vorerkrankungen?
Kulturzentrum Buseck
Wie bekommen wir Investitionsobjekte zum Laufen, wenn die Anlagenbauer in der Inbetriebnahmephase nicht mehr anreisen wollen? Wie schützen wir unsere Risikofälle mit Vorerkrankungen?
Wie reduzieren wir baulich und organisatorisch Außenkontakt, um unsere Leute zu schützen? Wer im Betrieb sollte sich nicht mehr begegnen, damit notfalls noch das Ersatzteam gesund ist? Entflechten von Pausenzeiten, Verschieben von Arbeitszeiten, zusätzliche Pausenräume etc. etc…. Man könnte noch weitere Seiten vollschreiben.
Disposition
Die in Rekordzeit erlassenen Gesetzestexte der am Anschlag der Belastungsgrenze arbeitenden Ministerialbeamten sind teilweise schwer zu lesen und enthalten Widersprüche – entschuldbar und verständlich.
Barfußpark
Vertrieb geht auch anders.
Die Stärkung der elektronischen Medien in Privat- und B2B-Geschäft nimmt früher Fahrt auf, als ursprünglich geplant.
Außendienst richtet sich im Wesentlichen nach konkreten Anforderungen von Kunden und agiert weniger selbst.
All das soll uns nicht den Blick verstellen, dass viele am Bau noch sehr vernünftig arbeiten und wirtschaften dürfen. Sind die Maßnahmen richtig oder falsch – das wird man vielleicht in 2 Jahren im Nachgang beurteilen können.
Froh darf man sicherlich sein über eine leistungsfähige Gesundheitsversorgung und Verwaltung in der Mitte Hessens.
Soweit das betriebliche! Im Privaten ist auch vieles anders. Meiner Frau ist es in der Rechtsberatung für Personalfragen eines Großunternehmens nicht langweilig. Homeschooling ist zu organisieren, ständige Absprachen, wer wann was in der Familie erledigt und wer Homeoffice macht. Neue Expertise in Videokonferenzen bekommen viele von uns jetzt. Das spart Zeit. Das merken wir uns für später. Telefongespräche werden länger, Autofahrten weniger. Öfter mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren ergänzt den Sport – auch eine der Sachen, die durchaus danach übrigbleiben sollten.
Der Zehnjährige vor dem Schulwechsel aus der Grundschule in die 5. macht das tapfer und gut, vermisst seine Klasse und erwägt bei allzu organisierter Inanspruchnahme durch die Eltern die Gründung eines familieninternen Betriebsrates. Eine Klassenabschlussfeier und die geplante Klassenfahrt werden ausbleiben. Bei Reisen werden wir zurückhaltend bleiben. Föhr im Sommer ist storniert, das war kein Problem wegen der großen Nachfrage. Einen London-Trip pulverisierte sich bereits im Frühsommer. Lediglich eine berufliche Reise zum Besichtigen von Maschinen wartet auf Grenzöffnungen.
Ansonsten bewahren Sie sich bitte Gesundheit, Zuversicht und gesunden Menschenverstand.
Herzlichst,
Ralf Seibert
